Freitag, 9. April 2010

Pokerrunde


Sorry, momentan gibt es von mir nicht viel Neues.

Immerhin nutze ich Twitter ab und zu.
(zu sehen in der linken Leiste).
Die Staatsbibliothek hat mich immer noch fest in ihren Klauen. Dadurch komme ich aber jeden Tag zweimal am Hotel Hyatt vorbei. Und zwar an genau dem in dem die vier Pokerturnier-Räuber kläglich gescheitert sind. Jeden Tag will ich daher am liebsten einem der Portiers irgendwas wie "Hey, ist heute wieder Pokerabend?!" zurufen.
Da das Hotel an einer touristisch sehr belebten Straße ist, gehe ich aber davon aus, dass ich da nicht der Erste wäre der diese Idee hätte. Und daher lass' ich es dann doch lieber ;-) Man muss die Leute ja nicht mehr nerven als sie ohnehin schon genervt werden.


Im Übrigen finde ich es haarsträubend was sich der Anwalt einer der Täter für eine Verteidigungsstragie überlegt hat. Habt ihr das mitbekommen?

Als ich das gelesen habe, musste ich erstmal blöd grinsen. Wahnsinn, was für ne Chuzpe! Auf die Idee muss man erstmal kommen! Das ist einfach nur genial!

Sicher, er ist nichts Neues, dass Anwälte in Deutschland Verbrecher so darstellen als ob sie die eigentlichen Opfer sind. Schlimme Kindheit, schlimmer Vater, schlimme deutsche Gesellschaft, usw... Kennen wir ja schon! Und das ist natürlich auch ALLES WAHR, denn nur die äußeren Umstände machen Menschen zu Verbrechern.
Zurück zum Fall Hyatt:

Seinen Mandanten Mustafa U. sieht er als Opfer der Überredungskünste seiner Mittäter.

„Er ist da mit einer Art von Naivität einfach reingeschlittert“, sagte Rechtsanwalt Sebastians Bartels am Freitag. „Er hatte überhaupt keine Ahnung, was da geplant war“, behauptet er. Die Komplizen hätten den 20-jährigen Intensivtäter, der schon mehrere Raubtaten begangen hat und gerade erst aus der Haft entlassen worden war, morgens wachgeklingelt und zu einem U-Bahnhof bestellt.


Wichtig ist der Begriff Opfer, denn genau das ist er ja auch.
Ein Täter? Niemals!
Weiterhin können wir lesen, dass er ein Intensivtäter ist.
Hm, komisch...
Und anscheinend ist er gerade erst aus der Haft entlassen worden weil er bereits mehrere Raubtaten begangen hat.
Seltsam...

Fassen wir zusammen: Er ist ein Intensivtäter. So wird man bezeichnet wenn man innerhalb eines Jahres mehrfach dabei erwischt wurde wenn man eine Straftat begangen hat. Leider weiß ich nicht wie oft das geschehen muss, bis man diesen Status erlangt. Bei näherer Betrachtung erscheint mir bereits eine Straftat pro Jahr als zu viel.
Er hat bereits mehrmals Raub begangen. Wohlgemerkt, Raub ist nicht Diebstahl, denn Raub wird als die gewaltsame Wegnahme fremder Sachen verstanden. Deswegen sagt man zu Beispiel auch Raubmord und nicht Diebstahlmord. Im Klartext: Der Typ ist gewalttätig.
Weiterhin wurde er gerade erst aus einer Haftanstalt entlassen. Das heißt er ist polizeibekannt und müsste eigentlich wissen wie unangenehm es im Gefängnis ist. Oder vielleicht auch nicht und gerade deswegen findet er eine weitere Straftat nicht so schlimm?
Oder er ist einfach nur saublöd und weiß nicht, dass er für so einen Überfall wieder im Knast landen wird. Aber Dummheit schützt vor Strafe nicht!


Trotzdem möchte uns der Anwalt, diesen Intensivtäter als Opfer verkaufen. Als Opfer der Umstände, Opfer seiner Freunde, und als Opfer seiner Dummheit und Naivität.
Fehlt eigentlich nur noch dass er noch den "Die Gesellschaft ist schuld"-Joker zückt.


Dazu fällt mir nur ein: Toll!
Ich finde diesen Anwalt großartig! Wenn ich jemals ein Problem haben sollte, dann werde ich mir genau diesen Anwalt schnappen. So einer haut dich aus allem raus.
Wer weiß, vielleicht muss das Hotel Hyatt ihm nach der Gerichtsverhandlung sogar Schmerzensgeld bezahlen.
Angemessen wäre es. Wer hier das Opfer ist, ist ja wohl klar.

8 Kommentare:

  1. Schlimme Kindheit, schlimmer Vater, schlimme deutsche Gesellschaft, usw... (zutreffend keine Begründung/Ausrede für Straftaten) scheint mir so als letzter Ausweg der Strafverteidiger zu sein, wenn man keine bessere Lösung mehr hat. Und mir als Laie fällt jetzt auch nichts weiteres ein, wie man gewalttätige Wiederholungstäter, bei dem die Beweislage eindeutig ist, noch strafmildernd verteidigen könnte.

    Vielleicht sieht der Anwalt daher die gewählte Strategie als beste/einzige Lösung, seinen Mandanten optimal im Sinne einer möglichst geringen Strafe zu verteidigen. Ob man mit der Story (Naivität, Unwissenheit) das Gericht überzeugen kann, wird sich zeigen. Wie du oben schon dargestellt hast, klingt die Geschichte nicht wirklich glaubwürdig.

    Aber auch wenn ich die Taten keinesfalls gut heiße, so hat dennoch jeder das Recht auf ein faires Verfahren und die Unschuldsvermutung, bis zum gesetzlichen Beweis seiner Schuld, auch der gewalttätige Wiederholungstäter.

    AntwortenLöschen
  2. Klar, ein faires Verfahren hat jeder verdient, ansonsten wäre das mit "Pro-Democracy" (siehe oben links) auch nicht so weit her ;-)

    Trotz der ganzen Polemik meine ich das mit dem genialen Rechtsanwalt gar nicht mal so sarkastisch. Der Typ ist schlau, und ich denke mit so einem Verteidiger hat man die realistischste Chance ein Strafmaß zu senken. Habe von dem Rechtsanwalt schon öfter gelesen und der Mann übernimmt öfter derartige Fälle und kommt damit auch oft durch.
    Und klar, das ist ja auch die Aufgabe von Rechtsanwälten, aber irgendwie bleibt da einfach oft auch ein fahler Beigeschmack zurück.

    Man denke nur an die Verzögerungstaktik bei Klaus Zumwinkel. Geniale Taktik der Verteidigung! Ohne Frage. Sie wissen wie langsame die Bürokratie der Justiz arbeitet und nutzen das als Vorteil.
    Aber irgendwie hat man sich als braver Bürger verarscht gefühlt.

    Wenn der Pokerräuber da jetzt auch mit so Larifari-Sachen rausgeboxt wird, dann werden viele Leute sich ähnlich verarscht vorkommen.

    Auf Dauer ist so was echt nicht gut für eine Demokratie, denn Vebrecher müssen angemessen bestraft werden. Ansonsten leidet das Vertrauen der Bürger in den Staat auf Dauer.

    AntwortenLöschen
  3. meine Antwort kommt noch, aber wahrscheinlich schaffe ich es erst am Wochenende.

    AntwortenLöschen
  4. Zum Fall Zumwinkel:

    Eine Verzögerungstaktik würde ich es nicht nennen, weil weder Zumwinkel noch seine Anwälte zum Zeitpunkt des Ausstellens des Durchsuchungsbeschlusses davon wussten und somit keinen Einfluss auf das verspätete Ausstellen darauf hatten. Aber sicherlich haben seine Anwälte vor Gericht darauf hingearbeitet, dass die Verjährung eingetreten ist.
    http://www.n-tv.de/wirtschaft/meldungen/Zumwinkel-profitiert-article39063.html

    Ich habe aber im Steuerrecht die Erfahrung gemacht, dass die Verjährungsfristen in beiden Richtungen wirken:

    1. Einer unserer Mandanten war an einer Vermietungs-GbR beteiligt war. Für diese GbR wird ein Grundlagenbescheid erlassen, in dem die Einkünfte der Beteiligten festgesetzt werden, die dann in einem zweiten Schritt in die Einkommensteuerbescheid übernommen werden.

    In seinem Einkommensteuerbescheid war der Verlust aus dieser GbR zunächst enthalten. Später wurde der Bescheid für die GbR geändert und der Verlust gestrichen, weil zutreffend keine Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung vorlag. Das Finanzamt hatte es dann verpennt, denn Einkommensteuerbescheid innerhalb von zwei Jahren nach Erlass des Grundlagenbescheid der GbR zu ändern.

    Am Ende behielt der Mandant seinen Verlust obwohl er ihm eigentlich nicht zustand, aber das Finanzamt geschlafen hat.



    2. In einem anderen Fall, Rentnerin 85+ Jahre, die zunächst nicht unsere Mandantin war, wurde vom Finanzamt immer geschätzt, weil sie Vermietungseinkünfte hatte und nie eine Steuererklärung abgab. Die Schätzung erfolgte immer unter Vorbehalt der Nachprüfung, so dass die Möglichkeit bestand, eine Steuererklärung nachzureichen.

    Ein Jahr später wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Dann kam ihr Sohn zu uns, damit wir die Steuererklärung erstellen. Pech für sie, dass er sich zu spät drum gekümmert hatte, den der Vorbehalt der Nachprüfung war aufgehoben und die Einspruchsfrist war abgelaufen.

    Mit dem Ergebnis, dass im Bescheid Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 10.000 Euro geschätzt wurden, die sie aufgrund der hohen Reparaturen in diesem Jahr gar nicht hatte. Da aber die Fristen abgelaufen waren, konnte das nicht mehr geändert werden. Sie hatte dann Steuern bezahlt, obwohl sie in diesem Jahr einen Verlust hatte.


    Zwei Fälle, bei dem die gesetzlichen Verjährungsfristen mal zu Gunsten und mal zu Ungunsten des Steuerpflichtigen wirken. Ich komme wir deswegen nicht verarscht vor und habe auch kein Problem damit, wenn Zumwinkel's Anwälte die Fehler der Staatsanwaltschaft zu seinen Gunsten nutzen.

    Einschränkend muss ich noch dazu sagen, dass es für mich entscheidend ist, ob es sich um einen Mörder/Vergewaltiger/Kinderschänder handelt oder "nur" um Steuerhinterziehung. Bei der ersten Gruppe bleibt auch bei mir ein fahler Beigeschmack.
    Bei der zweiten Gruppe muss ich sagen: Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Es gibt so viele, die steuerunehrlich sind, dass sie mit Anschuldigungen über "die da oben" nicht zu weit aus dem Fenster lehnen sollten.


    Außerdem ist Zumwinkel's Verjährung nur im Strafrecht eingetreten, weil diese damals für Steuerhinterziehung noch fünf Jahre betrug (jetzt zehn Jahre, extra nach Zumwinkel's Fall geändert), während die Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung im Steuerrecht schon immer zehn Jahre beträgt. Er könnte deshalb nur für die letzten fünf Jahre bestraft werden, musste aber für die letzten zehn Jahre Steuern nachzahlen.

    AntwortenLöschen
  5. Wow.
    Das ist wohl einer der der längsten Kommentare in diesem Blog.
    Vielen Dank.

    Dazu fällt mir nicht viel ein und gegen deine geballte Steuer-Power komme ich ich auch nicht an ;-)
    Außer mit Beleidigungen und Briefbomben.
    Wenn überhaupt. Die ganze Zumwinkel-Sache ärgert mich trotzdem ungemein, aber deine Beispiele relativieren das Ganze ungemein.
    Von daher besten Dank für die ganzen Infos.

    Zum Thema Steuerbetrug fällt mir nur ein, dass ja neulich erst die Nachricht durchs Land geisterte, dass dem Land die Steuerbeamten fehlen und deswegen Unmengen Einnahmen durch fehlende Kontrollen verloren geht.
    Toll!!
    Schlanker Staat hin oder her, aber wenn höhere Einnahmen "drohen", könnte man ja wohl mal in ein paar neue Angestellte investieren. Verbeamtet wird ja eh fast keiner mehr, also droht uns auch kein Griechenland 2.0.

    AntwortenLöschen
  6. Es sei denn die fehlenden Kontrollen werden als Standortvorteil (zusammen mit ein paar Subventionen) verkauft...

    Investieren große Unternehmen eigentlich hin und wieder auch selber was?


    [/polemik]

    AntwortenLöschen
  7. >> Außer mit Beleidigungen und Briefbomben. <<
    Das ist nur fair. Briefbomben bitte an meine neue Adresse:
    123 Fake Street, Springfield

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.