Montag, 12. September 2011

Ist dir wohl schon mal was passiert?

Wenn ich manchmal gefragt werde, wie es denn in Neukölln so ist, oder wie es mir dort so gefällt, dann will ich manchmal gar nicht antworten, da ich die Reaktionen auf meine Antwort (meistens) schon kenne und sie meistens auch nicht mag.
Da ich aber leider gerne rede, bekommt fast jeder meinen Senf zu hören, und gerade über den Norden Neuköllns habe ich selten etwas Gutes zu sagen.

Wenn ich von Neukölln schreibe oder spreche, dann meine ich eigentlich immer den Ortsteil Neukölln, auch bekannt als der Norden von Neukölln. Zur Verwaltungseinheit des Bezirks Neukölln gehören auch noch vier andere Ortsteile, und in denen gibt es einige sehr schöne Ecken. Britz, Buckow und Rudow haben durchaus einiges zu bieten, und genau deshalb spricht dort auch niemand von Neukölln, wenn man nach dem Wohnort fragt. Denn jeder Berliner weiß, dass Britz, Buckow und Rudow eben was völlig anderes (vor allem etwas erheblich besseres) als Neukölln sind, auch wenn sie zum Bezirk dazugehören. Wie es um die Bewohner von Gropiusstadt steht, kann ich nicht beurteilen, denn da war ich noch nicht.

Wenn ich dann von Neukölln spreche und auf die vielen Probleme hinweise, dann gibt es entweder Zustimmung, Abwägung oder Ablehnung meiner Aussagen. Mir ist alles recht, denn jeder soll und darf sagen was auch immer er oder sie will. Aber wenn ich über die Sicherheitsaspekte (vor allem bei Nacht) in dieser Ecke spreche, dann treibt es mich in den Wahnsinn, wenn die Leute dann irgendwann (meist ganz besorgt) fragen:

"Ist dir wohl schon mal was passiert?"

"NEIN, verdammt. Mir ist nichts passiert!" würde ich dann am liebsten schreien.


Vielleicht sollte ich es sogar irgendwann mal tun, denn was ist denn das bitte für eine saublöde Frage? 


Wäre durch die Tatsache, dass mir mal etwas passiert wäre, meine Aussage als bedeutsamer einzustufen?
Muss man überfallen worden sein, um sich über über die nahezu nicht existente Polizeipräsenz in Nord-Neukölln beschweren zu dürfen?


Ist ein gebrochener Kiefer eine Art Mitgliedskarte, mit der man das Recht erwirbt, anmerken zu dürfen, dass auf allen Neuköllner U-Bahnhöfen der U8 hemmungslos und mehr als offen mit Drogen gehandelt wird?
(Bei der U7 schaut es im Übrigen nicht viel besser aus) 

Muss man es ansonsten einfach hinnehmen?


Ist eine lebenslange Angst vor dem öffentlichen Nahverkehr (die man nach einem Überfall in einem Bus, einer Bahn,o.ä., garantiert hat) etwa die einzige Möglichkeit, um mal darauf hinzuweisen, dass es in dieser Gegend sehr viele Leute gibt, die nicht nur gewaltbereit (denn das bin ich auch), sondern einfach nonstop gewalttätig sind, und die sich vor (strafrechtlich nicht existenten) Folgen nicht im geringsten zu fürchten brauchen? 


Und wieso darf man nicht auch auf den Zusammenhang von allgegenwärtigen Alkoholismus und Gewalttätigkeit hinweisen, der hier täglich immer wieder bewiesen wird? 


Und ich will auch nicht bei der Imitation eines Drive-by-Shootings aufgrund eines Kriegs zweier arabischer Clans, angeschossen werden, bloß damit ich mitreden kann.
Denn dann, und nur dann wäre mir ja schon mal was passiert. Und nur dann hätten meine Worte auch Gewicht. Anscheinend.

Ja, schon klar, das ist nicht die Bronx in New York City. Aber es wäre doch toll, wenn man verhindern würde, dass sich Gegend irgendwann so anfühlt oder sogar so wird. 


Aber nein - um noch mal auf die Frage zurück zu kommen - mir ist noch nichts (richtig Schlimmes) passiert in Neukölln.
Aber muss ich deswegen meine Klappe halten, wenn mir auffällt, dass hier so manches schief läuft? 



Nein!

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