Mittwoch, 23. Februar 2011

Ein Bündnis aus Popularität und Täuschungen

Wer bei der Guttenberg-Äffare um die Plagiate sagt „Schwamm drüber“, „Das ist ja nicht so schlimm“ oder „Es gibt Wichtigeres“ vergisst dabei, dass Herr Guttenberg immerhin eines der höchsten Ämter dieses Landes und damit eine Vorbildfunktion hat. Niemand geht davon aus dass Politiker unfehlbar sind. Überhaupt nicht. Politiker zu sein ist so ziemlich das Undankbarste was man machen kann, und das in dem ganzen Stress auch mal Fehler passieren ist absolut nachvollziehbar.

Aber das war kein Fehler, sondern pure Berechnung. Es ist nun bewiesen dass es nicht nur ein kleiner Ausrutscher, sondern ein bewusst geplanter Betrug war.
Die Rate liegt bei 70%!
Also auf 70% der Seiten seiner Doktorarbeit findet sich mindestens ein Plagiat.
Entweder durch einen (sehr schlechten) Ghostwriter, oder eben von ihm selbst um sich mehrere Jahre "mühevollster Kleinarbeit" zu ersparen.

Dafür muss man bestraft werden und daher hat seine arrogante „Rückgabe“ seines Doktortitels nicht die geringste Bedeutung. Ein Doktortitel wird von einer Universität verliehen und kann auch nur von dieser wieder aberkannt werden. Zum Glück ist wenigstens das auch passiert.
Aber seine „Rückgabe“ ist daher im Prinzip mit einem Ladendiebstahl vergleichbar. Nur dass man dann im Laden, nachdem man vom Ladendetektiv erwischt wurde, diesem die gestohlene Ware wieder zurückgibt und so tut als ob nie etwas gewesen wäre.
Netter Versuch, aber da wird nicht klappen!

Im Übrigen hat niemand Guttenberg dazu gezwungen eine Doktorarbeit zu schreiben. Er hatte auch niemals die Absicht der akademischen Welt erhalten zu bleiben und daher macht die Doktorarbeit noch viel weniger Sinn.
Er hat sich einen Doktortitel geholt weil es gut aussieht. Das ist alles.
Und das hätte er sich, wie alle anderen Akademiker auch, fair erarbeiten müssen. Das ist es was es so ungerecht macht.
Andere Doktoranden arbeiten tatsächlich in der von ihm zitierten "mühevollster Kleinarbeit" unter prekären Verhältnissen jahrelang an ihren Doktorarbeiten, und schaffen es teilweise trotzdem nicht, weil die Belastung und der Druck zu groß wird.
Und dieser hauptberufliche „Sohn“ hat es sich wieder mal sehr leicht gemacht.
Als ob er es jemals schwer gehabt hätte! Diesem Mann wurde doch alles geschenkt und er hat sich noch nie etwas hart erarbeiten müssen.
Durch dieses unsoziale Verhalten beweist Guttenberg was er von seinen Mitmenschen hält: Nämlich gar nichts.

Der akademischen Welt tut er damit einen Bärendienst. Akademiker werde ja ohnehin gerne mal als faule Säcke, Spinner, Drückeberger oder Elfenbeinturmbewohner dargestellt, und das macht es sowieso nicht immer leicht einer von "denen" zu sein.

Einen Stammtischspruch der nächsten Jahre habe ich jetzt schon parat:
„Studieren? Kann ich auch. Mach ich einfach nen Guttenberg und schon bin ich Doktor. Höhö!“
Besten Dank auch!
Ein Schlag ins Gesicht eines jeden ehrlichen Akademikers!
Bravo KT, Bravo!

Aber dann versucht Guttenberg seinen Betrug, den man einem Nicht-Akademiker (oder Menschen die einfach noch nie eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben habe) ohnehin nur schwer erläutern kann, auch noch unter den Tisch zu kehren und so zu tun als ob nichts gewesen wäre. "
Ich habe mich entschuldigt, aber es gibt ja Wichtigeres. Drei Soldaten sind tot! Hier kuckt, drei Soldaten sind tot!"
Schrecklich ja, aber ist umso erschreckender dass er das Leid der Familien benutzen will um über seinen Betrug hinwegzutäuschen. Er muss sich ja um die "wichtigen Dinge" kümmern. Er packt die Sache an und sagt auch schon mal "unangenehme Wahrheiten."
Spitze!
Die angenehmen Unwahrheiten heben wir uns dann wohl für die Pressekonferenz auf, oder was?

Und diese wird aber nur im kleinen Kreis vor der persönlichen Hofkamarilla zu Guttenbergs Gnaden abgehalten. Und natürlich nicht vor der widerlichen Hauptstadtpresse die womöglich noch kritische Fragen stellt!

Bleibt die Frage:
Was hat das mit seiner Arbeit zu tun?
Macht er denn seinen Job als Verteidigungsminister nicht gut?
Das weiß ich nicht, denn er ist nicht mein Vorgesetzter und mit Verteidigungspolitik kenne ich mich nicht so gut aus.
ABER ich will keinen Verteidigungsminister haben der öffentlich als Betrüger entlarvt wurde. Es ganz toll, dass Guttenberg dazu steht! Ganz toll.
NACHDEM man ihn erwischt hat. Wie gesagt, versucht das mal bei einem Ladendetektiv.
Ich habe zu diesem Mann einfach keinerlei Vertrauen mehr. Man darf ihm keine politische Verantwortung übertragen.
Nicht diesem Betrüger!
Im Übrigen wurden in ähnlichen Fällen die Betrüger strafrechtlich verfolgt.
Warum passiert das bei Guttenberg nicht?

Dass Guttenberg von Merkel auch noch gehalten wird, hängt mit seiner Popularität zusammen. Und nur damit!
Und das ist traurig für unser Land, für die Politik und die Demokratie.

In diesem Artikel wird es treffend beschrieben:
„Diese blutleere Politik verkörpert Merkel. Sie ist mit Guttenberg ein Bündnis von Popularität und Täuschungen eingegangen, das von einem zynischen Motto zusammengehalten wird: Das Volk, es will betrogen sein. Ein gefährlicher Moment für die Demokratie, wenn dieses Stück Erfolg hat.“
Das befürchte ich auch.

2 Kommentare:

  1. >> Aber dann versucht Guttenberg seinen Betrug, den man einem Nicht-Akademiker (oder Menschen die einfach noch nie eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben habe) ohnehin nur schwer erläutern kann, <<

    Das ist fast unmöglich. Wir hatten es heute vormittag vor Rücktritt und Rücktrittsgerüchte über Guttenberg und alle die nie eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben hatten, waren alle der Meinung: ist doch nicht so schlimm; da hat er halt einen Fehler gemacht; der Doktorvater ist schuld, der hat nicht richtig geprüft; die Opposition hat was gesucht, um ihn fertig zu machen usw.


    >> Ich habe mich entschuldigt, aber es gibt ja Wichtigeres. Drei Soldaten sind tot! Hier kuckt, drei Soldaten sind tot!" <<

    Ich finde es besonders daneben, dass er in seiner Abtrittsrede wieder mit den drei toten Soldaten anfängt.


    Ich finde es unglaublich, wie viele Unterstützer er immer noch hat.
    (Kommentare bei der Frankenpost nur als Beispiel, auf anderen Seiten ist es nicht anders: http://www.frankenpost.de/nachrichten/regional/laenderspiegel/art2388,1451905,3-pg0#pg)

    Wie Dieter Nuhr getwittert hat:
    "Guttenberg immer beliebter. Wenn er jetzt noch eine Bank überfällt und sich entschuldigt, wird er Kanzler."
    http://twitter.com/dieternuhr/status/40692454462070784

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  2. Uach, den Scheiß den man in den Kommentaren der Zeitungswebseiten lesen kann ist wirklich katastrophal. In der S-Bahn hab ich vergleichbare Sprüche heute auch schon gehört.

    Gerade diese „Jeder macht doch mal Fehler“-Sache ist schlimm.
    Man müsste jedem einzelnen der so etwas sagt eigentlich erklären, dass Guttenbergs Plagiat nicht nur ein Fehler war, sondern Betrug!
    Und zwar über zweihundert mal!
    Aber wer glaubt schon Akademikern?

    Das sind ja eh nur „schwule Studenten“
    http://www.lyricstime.com/bushido-nie-ein-rapper-lyrics.html

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